Yosief Tella, vor über 12 Jahren aus Eritrea in die Schweiz geflüchtet, hat sich Uri ganz systematisch und sehr diszipliniert angeeignet: Seit Jahren liest er jeden Tag die lokalen Zeitungen, hat alle Urner Dörfer mindestens einmal besucht und geht wandern, wandern, wandern. © Yosief Tella

Integration ist Knochenarbeit: Wie wird man heimisch?

Rahel Wunderli

An ei­nen neu­en Ort zu zie­hen ist ei­ne viel­ge­teil­te Er­fah­rung. Für al­le, die sie ma­chen, be­deu­tet es, auf un­be­kann­te Men­schen zu tref­fen und sich in ei­ner neu­en Um­ge­bung zu­recht­fin­den zu müs­sen. Je frem­der der neue Ort ist und je in­ten­si­ver man sich dar­auf ein­lässt, des­to auf­wän­di­ger ist die In­te­gra­ti­on. Im Rah­men un­se­rer Re­cher­chen ha­ben wir un­ter­schied­lichs­te Per­so­nen nach ih­ren In­te­gra­ti­ons­er­fah­run­gen in Uri ge­fragt.

Die Er­kennt­nis­se vor­ne­weg: Die Um­stän­de, un­ter de­nen man mi­griert, ha­ben ei­nen gros­sen Ein­fluss auf den In­te­gra­ti­ons­pro­zess. Ob der Grund für die Mi­gra­ti­on Ar­beit, Aus­bil­dung, Flucht oder Be­zie­hung ist, prägt das An­kom­men und sich Ein­las­sen am neu­en Ort. 
We­sent­lich sind auch die Un­ter­schie­de zwi­schen Her­kunfts- und An­kunfts­ort: Muss man ei­ne neue Spra­che ler­nen, um sich ver­stän­di­gen zu kön­nen? Hat die neue Spra­che Ähn­lich­kei­ten mit der Mut­ter­spra­che oder muss man sich in kom­plett an­de­re Wör­ter, Gram­ma­tik und Schrift ein­ar­bei­ten? Wird man an sei­nem Dia­lekt als Zu­ge­zo­ge­ne/r er­kannt und als Kind ge­hän­selt?
Kann man an ei­ne ver­trau­te Kul­tur an­knüp­fen oder do­mi­niert am neu­en Ort zum Bei­spiel ei­ne an­de­re Re­li­gi­on? Hat man so­zi­al noch den­sel­ben Sta­tus wie vor­her, oder ist man plötz­lich oh­ne Fa­mi­lie, viel är­mer oder rei­cher oder in ei­nem an­de­ren Be­ruf tä­tig? Und wie wohl oder un­wohl fühlt man sich in der neu­en Land­schaft? Fällt es ei­nem leicht, sich dar­in zu be­we­gen oder muss man Ängs­te und Wi­der­stän­de über­win­den? 
Schliess­lich spielt in je­der Mi­gra­ti­ons­bio­gra­phie ei­ne Rol­le, wer mi­griert. Das Al­ter, das Ge­schlecht, die fi­nan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten und – ganz zen­tral – ob man al­lei­ne kommt oder in ei­ner Grup­pe.  
Nicht zu­letzt – das kommt in den In­ter­views und Ge­sprä­chen eben­falls zum Aus­druck – kom­men in­di­vi­du­el­le Aspek­te zum Tra­gen, wenn es dar­um geht, in­wie­fern ei­ne Per­son an ei­nem neu­en Ort hei­misch wird oder fremd bleibt. Man­chen fällt es leich­ter, Kon­tak­te zu knüp­fen als an­de­ren. Für die Ei­nen ist das Er­ler­nen ei­ner neu­en Spra­che ein Klacks, für die An­de­ren ein fast un­über­wind­ba­res Hin­der­nis (was sie üb­ri­gens nicht da­von ab­hal­ten muss, sich ein­zu­las­sen auf die neue Um­ge­bung).

Aus dem un­über­blick­bar gros­sen Pot­pour­ri von In­te­gra­ti­ons­er­fah­run­gen und In­te­gra­ti­ons­stra­te­gien hier ein paar be­mer­kens­wer­te und über­ra­schen­de Aus­schnit­te aus den Ge­sprä­chen, die wir ge­führt ha­ben.

Die grossen Integrationshürden

An un­se­rer Ver­an­stal­tung in Gösche­nen kom­men gleich zwei Mi­gra­ti­ons­ge­schich­ten zur Spra­che, in de­nen deut­lich wird, dass er­zwun­ge­ne Mi­gra­ti­on – zum Bei­spiel in Form von Flucht – das An­kom­men stark er­schwert. Ba­vithi­ran Ma­haa­ling­ham er­zählt, dass er sich in jun­gen Jah­ren für den Mi­li­tär­dienst in An­der­matt ent­schie­den und sich dann all­mäh­lich in die­se Re­gi­on ver­liebt ha­be. Bei sei­nen El­tern hin­ge­gen se­he er ei­ne sol­che "Lie­bes­be­zie­hung" zur Schweiz nicht. "Denn sie hat­ten da­mals kei­ne an­de­re Wahl." Sein Va­ter, der in den 1980er Jah­ren vor dem Krieg aus Sri Lan­ka in die Schweiz ge­flüch­tet war, spre­che bis heu­te da­von, zu­rück­zu­keh­ren.
Na­tha­lie Hilt­brun­ner be­ob­ach­tet die­sel­ben In­te­gra­ti­ons­hür­de bei der Ukrai­ne­rin, die sie im Rah­men des Pro­jekts "mit­enand" be­glei­tet.  

"Wie lange bleibe ich hier? Wieviel soll ich investieren?"

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Selbst­ver­ständ­lich hat auch die Art, wie die Ge­sell­schaft vor Ort Frem­den be­geg­net, ei­nen Ein­fluss dar­auf, ob In­te­gra­ti­on als ten­den­zi­ell schwie­ri­ge oder ten­den­zi­ell po­si­ti­ve Er­fah­rung wahr­ge­nom­men wird. 
Die schö­nen Er­fah­run­gen, die in den Ur­ner Mi­gra­ti­ons­ge­schich­ten er­zählt wer­den, ha­ben manch­mal mit Ein­zel­per­so­nen zu tun, die den Zu­ge­zo­ge­nen Mög­lich­kei­ten bie­ten, am lo­ka­len Le­ben teil­zu­neh­men. Da ist zum Bei­spiel ein Jä­ger, der auf die An­fra­ge, ob man als Neu­ling ein­mal mit­kom­men dür­fe, mit ei­nem ein­la­den­den "Ja, klar!" re­agiert. Oder ei­ne Per­son, die ei­nen Ge­flüch­te­ten un­ter­stützt bei der Ar­beits­su­che.

Meis­tens wird al­ler­dings ei­ne all­ge­mei­ne  Grund­stim­mung, al­so ei­ne Viel­zahl von Re­ak­tio­nen des neu­en Um­felds be­schrie­ben. Und die ist in vie­len Fäl­len am­bi­va­lent. 
"In der Schweiz ist es mit dem In­te­grie­ren wirk­lich sehr schwie­rig. Ich fin­de, hier im Kan­ton Uri sind die Leu­te nicht freund­lich. Sie ma­chen nichts für mich. Sie sind nicht of­fen. Aber – es kommt ein ‘aber’ – wenn man dann Kon­takt macht, wer­den sie sehr freund­lich. Am An­fang ist es wirk­lich sehr sehr schwie­rig [mit ih­nen]. Aber wenn man sie dann ken­nen­ge­lernt hat, wenn man sich wie­der trifft, wer­den sie mit der Zeit sehr freund­lich."  

Zu den schwie­rigs­ten Er­fah­run­gen ge­hö­ren je­ne der of­fe­nen Ab­leh­nung. Meh­re­re Ge­sprächs­part­ner und -part­ne­rin­nen be­schrei­ben, dass sie sol­che Er­leb­nis­se noch lan­ge mit sich tra­gen. 
"Das Wort 'T­sching­g' ist ein Wort, das von un­se­rer Ge­ne­ra­ti­on noch ge­braucht wird. Von der jun­gen Ge­ne­ra­ti­on hö­re ich das nie. Mit die­sem Wort ha­ben wir da­mals noch ge­lebt."
"'Tsching­g' war ei­ne Be­schimp­fung, oder?"
"Für uns ja. Es kommt eben im­mer dar­auf an, wie du es sagst. Ich ha­be das Wort auch schon ge­hört und mein Sohn mein­te dann: 'Ma­ma, war­um nervst du dich so dar­über?' 'Nun, du hast das nicht mit­er­lebt. Du hörst es nicht in der glei­chen Wei­se wie wir da­mals.' [...] Ich sa­ge dir, wenn du die­ses Wort als Kind auf die­se [ab­schät­zi­ge] Wei­se er­lebt hast, dann bleibt dir das in Er­in­ne­rung." 

Wenn man bei Null anfängt, braucht man eine Strategie fürs Ankommen

Für al­le Zu­zü­ger und Zu­zü­ge­rin­nen gilt, dass sie sich Schritt für Schritt am neu­en Ort zu­recht­fin­den und ein neu­es so­zia­les Netz auf­bau­en müs­sen. Adria­na Stad­ler, die mit 44 von Uri nach Bern zog for­mu­liert prä­gnant:
"In Bern kann­te ich zu Be­ginn fast nie­man­den, das war sehr ei­gen­ar­tig. Wenn ich bei­spiels­wei­se hier in Alt­dorf ins Tell­spiel­haus ge­he, ken­ne ich so vie­le Leu­te [...] Und dann stand ich in ei­nem Foy­er in der Stadt Bern und kann­te kei­nen Kno­chen. Das war schon sehr ei­gen­ar­tig. Da ha­be ich ge­merkt: 'Wenn Du hier et­was er­rei­chen willst, dann ist das Ar­beit.' Es geht dann halt nicht mehr al­les au­to­ma­tisch, wie wenn Du als Kind ir­gend­wo auf­wächst."
Wir spre­chen von ei­ner In­te­gra­ti­ons­stra­te­gie, die manch­mal be­wusst, manch­mal un­be­wusst von den In­ter­view­ten be­schrie­ben wird.
In ei­ni­gen Fäl­len ist die­se Stra­te­gie nie­der­schwel­lig, wie bei­spiels­wei­se bei Da­ni­el Kauz, der als Pend­ler seit über 20 Jah­ren in Gurt­nel­len wohnt: 
"Ich füh­le mich sehr wohl hier, aber es ist klar, dass ich nicht von hier bin, und es nie so sein wer­de, wie es bei an­de­ren der Fall ist. Es ist aber auch nicht mein Ziel oder mein An­spruch, dass ich [in die­sem Dorf] auf­ge­he. Und das ist auch nicht der An­spruch, der an mich her­an­ge­tra­gen wird. [...] Wir [mei­ne Frau und ich] sind in kei­nem Gurt­nel­ler Ver­ein. Aber wenn man dann in ein Re­stau­rant geht, re­det man meis­tens mit den Leu­ten. Sol­che Din­ge wa­ren dann ent­schei­dend, dass sich das so­zia­le Le­ben an sol­chen Or­ten bün­delt."
In an­de­ren Fäl­len reicht Nie­der­schwel­lig­keit nicht, und es braucht gros­sen Auf­wand, wie bei­spiels­wei­se bei Yo­sief Tel­la, der vor über 12 Jah­ren aus Eri­trea in die Schweiz flüch­te­te und seit­her in Uri wohnt. Für ihn wur­de die Kan­tons­bi­blio­thek zum wich­tigs­ten Ort, der ihm den Zu­gang er­mög­lich­te:
"Ich ha­be ei­nen Deutsch­kurs in Lu­zern be­sucht. Und in die­ser Zeit ha­be ich an­ge­fan­gen, mit den Leu­ten zu spre­chen und zu le­sen, und von da ging es all­mäh­lich wei­ter. Nach­her war mein Ziel be­züg­lich der deut­schen Spra­che: 'Ich will in die Bi­blio­thek.' Seit 11 Jah­ren, kann man sa­gen, kom­me ich in die­se Bi­blio­thek hier. [...] Ich le­se ger­ne Bü­cher und Zei­tun­gen. Und so lief das dann. Ich ha­be mein Deutsch ver­bes­sert. Und dann ha­be ich die Mit­ar­bei­ter hier in der Bi­blio­thek ken­nen­ge­lernt. Und fast al­le Leu­te, die [re­gel­mäs­sig] hier­her kom­men ha­be ich ken­nen­ge­lernt. Ich ha­be mich für In­te­gra­ti­on ge­öff­net in die­ser Bi­blio­thek."
 

Wer hätte gedacht, dass Landschaft so wichtig ist?

Zu un­se­rer gros­sen Über­ra­schung ha­ben fast al­le Per­so­nen, mit de­nen wir über ih­re Mi­gra­ti­ons­er­fah­run­gen ge­spro­chen ha­ben, un­ge­fragt ih­ren Be­zug zur Ur­ner Land­schaft er­wähnt – sei es, weil die­se Land­schaft ih­nen hilft, sich hei­misch zu füh­len, seil es, weil sie Mü­he da­mit ha­ben, sei es, weil sie ge­lernt ha­ben, mit ei­nem be­stimm­ten Aspekt die­ser Land­schaft "in Frie­den" zu sein.
Wir wol­len Ih­nen die­se Viel­zahl von Land­schafts­be­zie­hun­gen nicht vor­ent­hal­ten und ha­ben ei­ne Aus­wahl an Aus­sa­gen zu­sam­men­ge­stellt.

Föhnfrust und das Vermissen von einfach zugänglicher Natur

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Der kühle Wind aus dem Süden

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"Ich fah­re ja im­mer mit dem Zug nach Zü­rich und wie­der zu­rück. Und wenn ich dann in Gurt­nel­len über die Brü­cke ge­he und der küh­le Wind mit der Reuss von oben her­ab­weht, dann weiss ich je­weils, dass ich zu­hau­se an­ge­kom­men bin." 

Die Angst vor dem Wald überwinden

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"Du hast auch die Ge­schich­te er­zählt, dass Du am An­fang mit Dei­nem Mann in den Wald [spa­zie­ren] ge­gan­gen bist und Du hat­test Angst, dass et­was pas­sie­ren könn­te, wenn an­de­re Leu­te ka­men. Du sag­test, Du hast et­was Zeit ge­braucht, bist Du das Ge­fühlt hat­test, dass es im Wald si­cher ist."
"Wenn Per­so­nen [im Wald] 'Grüezi' ge­sagt ha­ben, bin ich er­schro­cken. Da be­ru­hig­te mich mein Mann und sag­te: 'Sie wol­len Dich nur be­grüs­sen. Wie­so hast Du im­mer Angst?' Da ent­geg­ne­te ich ihm: 'Wenn man bei uns [in Ma­rok­ko] in den Wald geht, pas­siert Vie­les, Ge­fähr­li­ches.' Wenn ich heu­te wan­dern und spa­zie­ren ge­he, egal zu wel­cher Zeit, ha­be ich nie Angst."

Die Urner Berge: Von der Bedrohung zum Freizeitraum

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"Du hast ge­sagt, dass die Ber­ge am An­fang eng wa­ren. Ist das im­mer noch so? Die Land­schaft hier ist ja ganz an­ders als in As­ma­ra [Eri­trea]."
"Nein, das war nur im ers­ten Jahr. Heu­te lie­be ich die­se Ber­ge."
"Wie­so?"
"Nun, das hat auch mit mei­ner In­te­gra­ti­on zu tun: Ich mag die Na­tur ger­ne und mag auch ger­ne Sport. Und des­halb bin ich viel ge­wan­dert im Kan­ton Uri in den Ber­gen. Die be­kann­ten Ber­ge ha­be ich al­le be­sucht. In mei­ner Frei­zeit wan­de­re ich oft, ge­he auch oft spa­zie­ren. So sind die Ber­ge ...."
"... Die Land­schaft hier ist al­so in­ter­es­sant für dich ge­wor­den? Am An­fang war sie et­was ge­fähr­lich, und jetzt ... ?"
" ... Ja. Jetzt lie­be ich die­se Ber­ge und wür­de oh­ne Ber­ge nicht [mehr] hier le­ben wol­len."
"In Eri­trea gibt es auch Ber­ge, oder?"
"Ja, in Eri­trea gibt es auch Ber­ge. Aber man geht dort nicht wan­dern wie hier oder nutzt sie für Sport oder für Lei­den­schaft. Eri­trea ist durch­aus ein Berg­land. Aber wir ma­chen nichts mit ih­nen. Sie sind manch­mal auch ge­fähr­lich. Aber hier ist al­les pi­co­bel­lo. Die Ber­ge hier sind in­ter­es­sant für mich ge­wor­den. Ich ge­he nicht in die Stadt son­dern in die Hö­he."

Ohne Berge war plötzlich viel mehr Licht

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"Ich bin eher ein Meer-Mensch. Son­ne und Meer und Sü­den. Zum Wan­dern noch: Ich bin in den Ber­gen auf­ge­wach­sen, und es hat mich nie ge­stört, dort [in die­ser Land­schaft] zu sein, bis ich dann mal weg­kam und merk­te, wie viel mehr Licht es gibt, wenn nicht links und rechts die­se Wän­de ste­hen, die ei­nem je­den Tag ei­ne Stun­de, ein­ein­halb oder so­gar zwei Licht steh­len. Nur schon in Bern, wo es hü­ge­lig ist, hast du viel mehr Licht. Und das macht das Le­ben ir­gend­wie au­to­ma­tisch luf­ti­ger. Ich kann es nicht an­ders be­schrei­ben. Licht, mer­ke ich, tut mir gut. Je län­ger es hell ist, des­to bes­ser geht es mir. Und wenn ich ein Ele­ment für mich aus­wäh­len müss­te, dann wä­re es eher Was­ser als Stein."

Der Schneeschock

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"Ich bin das ers­te Mal in den Kan­ton Uri ge­kom­men in ei­ner Mi­li­tär­uni­form 2015. Als ich in Em­men ge­dient ha­be, ha­ben sie mich ge­fragt, ob ich in An­der­matt aus­hel­fen könn­te. Und ich aus Neu­gier 'An­der­matt? Was könn­te das sein? Wo könn­te das sein?' Bin los­ge­fah­ren – es war Win­ter –, bin oben an­ge­kom­men und war scho­ckiert von der Schnee­men­ge. Ich hat­te noch nie so viel Schnee ge­se­hen auf ein­mal. Das war der ers­te Be­zug zu Uri, den ich hat­te, das war 2015."

Integration ist abhängig von Strukturen UND Individuen

So­viel kön­nen wir auf­grund der vie­len Ur­ner Mi­gra­ti­ons­ge­schich­ten fest­hal­ten: In­wie­fern ein Mi­grant oder ei­ne Mi­gran­tin hei­misch wird und in­wie­fern er oder sie fremd bleibt, ist zum gröss­ten Teil das Re­sul­tat von Ge­ge­ben­hei­ten, die aus­ser­halb sei­ner oder ih­rer Hand­lungs­mög­lich­kei­ten lie­gen. Sol­che struk­tu­rel­len Fak­to­ren sind im ers­ten Ab­schnitt die­ses Bei­trags auf­ge­führt (Grün­de der Mi­gra­ti­on, Un­ter­schie­de zwi­schen Her­kunfts- und An­kunfts­ort, so­zia­ler Sta­tus). Den klei­nen Rest des In­te­gra­ti­ons­er­folgs ma­chen in­di­vi­du­el­le Aspek­te aus wie Kon­takt­freu­dig­keit, Sprach­be­ga­bung und nicht zu­letzt Durch­hal­te­ver­mö­gen und Dis­zi­plin.
Aus Sicht von His­to­ri­kern und His­to­ri­ke­rin­nen ist schliess­lich ein letz­ter Punkt von Be­deu­tung: Die Zeit. Je­de In­te­gra­ti­ons­er­fah­rung ist ein Spie­gel der Zeit, in der sie ge­schieht. Täu­schen wir uns oder ist aus den Ge­schich­ten, die man uns er­zählt hat her­aus­zu­hö­ren, dass es heu­te et­was ein­fa­cher ist als auch schon, in Uri Fuss zu fas­sen, weil Mi­gra­ti­on je län­ger je mehr als Nor­ma­li­tät er­kannt wird? 

Weiterführende Literatur

Ada Marra: Ab wann ist man von hier? Über die 8'484'100 Möglichkeiten, Schweizer/in zu sein (2019)

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